Privat
Architekt
Langensteiner Bienhaus Architekten
Standort
Ettlingen, Deutschland
Bearbeitung
2020
Städtebauliches Konzept
Das zu bebauende Grundstück und die städtebaulichen Gegebenheiten lassen die Fortführung der bestehenden Blockrandbebauung der paralell zur Stadtmauer verlaufenden Pforzheimerstrasse in die Karlsruherstrasse hinein nicht zu, zumal Grenzabstände gewahrt werden müssen und die Art und Weise der Bebauung auf dem Nachbargrundstück bislang unbekannt ist.
Der Entwurf reagiert in besonderer Weise auf diese Situation, indem er sich als Solitär versteht und durch die bewusst gewählten Gestaltungsmittel behutsam auf dieses heterogene Situation reagiert.
Mit seiner kristallinen Grundform vermittelt der Baukörper einerseits zwischen den angrenzenden Häusern und der direkten Lage am Kreisverkehr und erzeugt andererseits gleichwertige Nutzungsmöglichkeiten und Ausblicke in allen Ebenen und in allen Ausrichtungen durch die eindeutige Vermeidung von Gebäudevorder- und rückseiten.
Nutzungen
Das Gebäude beinhaltet einen variablen Nutzungsmix aus unterschiedlich grossen und frei wählbaren Gewerbe- und Büroflächen, gehobenen Wohnungen und Luxuspenthousewohnungen. Tragende Zwischenwände wurden auf das Minimum reduziert, damit die Grösse der einzelnen Einheiten der aktuellen Nachfrage zu Baubeginn angepasst werden kann.
Das gewerbliche Erdgeschoss ist an mehreren Stellen durchlässig und von drei Seiten fussläufig zu erschliessen. In diesem Zentrum befindet sich das repräsentative und von Zenitlicht durchflutete offene Treppenhaus. Die Form der Erschliessung vermeidet wertvolle Nutzflächen an der Fassade und ermöglicht die Individualität der unterschiedlichen Zugänge. So wird sie dem hochwertigen Charakter dieser Immobilie gerecht, ohne übertrieben zu wirken. Das erste Obergeschoss beinhaltet Wohnungen und Büroflächen, das zweite nur Wohnungen. Das Dachgeschoss ist den grosszügigen Penthousewohnungen mit grossen Terrassenflächen vorbehalten. In der Tiefgarage befinden sich die Stellplätze für die Wohnungen und für das Gewerbe (Doppelparker bei Mehrbedarf), und der Fahrradabstellraum. In dieser Geschossebene wird auch die Anlieferung über Kleintransporter abgewickelt.
Fassade
Die Fassade besteht zunächst aus Sichtbeton mit Fenster und Loggianetzen aus Baubronze. Auf Grundlage eines unsichtbaren Fassadenrasters haben die fast bodengleichen und jeweils übereinanderliegenden Fenster über alle Geschosse (bis auf das Dachgeschoss, das eine Ganzglasfassade erhält) die gleiche Grösse. Um eine Rigidität zu vermeiden, werden Fenster mit zusätzlicher Anforderung, bzw. mit anderem dahinterliegenden Rauminhalt mit weiteren “Zutaten” versehen: Im Erdgeschoss sind dies aus der Fassade leicht heraustretende Schaufenster. In den Obergeschossen werden jeweils zwei Fenster zu einer Loggia verbunden, und mit einem weitmaschigen Netz als Absturzsicherung überzogen. Heraustretende Balkone werden an diesem Ort als unpassend empfunden.
Einzig die drei Eingänge erhalten einen, aus der vertikalen Fensterlinie leicht verschobenen Rundbogen, ein Motiv, das zahlreich in der Ettlinger Altstadt zu finden ist.
Materialität und Materialästhetik
Die Materialität dieses Baukörpers zeigt sich in einer sehr robusten und wartungsarmen, aber auch hoch ästhetischen zweischaligen Sichtbetonfassade ohne Ankerlöcher aus Recyclingbeton mit Zwischendämmung. Der Wandaufbau besteht aus aus einer 16cm starken Tragschale aus Dämmbeton mit Zugabe von Blähton. Dann folgt eine 20cm dicke Zwischendämmung aus Steinwolle. Die Sichtschale ist eine 12cm starke Vorsatzschale, ebenfalls aus Dämmbeton mit Blähton. Aufgrund seiner Massivität wird ein hohes Mass an Schallschutz erreicht. Der Beton soll dabei nicht glatt, sondern rauh bzw. texturiert sein, um eine lebendife Overfläche zu erhalten. Dazu kontrastieren die Fenster und Schaufenster (in Stufenglastechnik) und Gebäudezugangstüren aus Baubronze, sowie die weitmaschigen Loggiaumspannungen in einem ähnlichen bronzefarbenem Ton.
Die Verwendung dieser zwei wesentlichen Baustoffe, texturierter Beton und Baubronze, verbindet Ausdrucksstärke mit subtiler Eleganz, und trägt zu einem sehr wertigen und dem Ort angemessenen Bauwerk bei.
Nachhaltigkeit
Unter Verwendung dieses zweischaligen Recyclingbetons als Dämmbeton mit Blähtonzugabe wird ein KW Wert von 0,15W/m2K erreicht, das entspricht ungefähr KfW40-Standard. Diese Bauweise schafft die Grundlage für die gewünschte Klimaneutralität in 2050.
Eine alternative Bauweise mit zweischaligem Recyclingbeton als Sichtbeton könnte, durch den Kauf von Zertifikaten zur Moorvernässung als Ausgleichsmassnahme, jetzt schon Klimaneutralität erzeugen, mittels Verwendung des Baustoffes “Eco Pact Zero” von Holcim. Dieser zweischalige Betonaufbau ist stark diffusionsoffen, reguliert angenehm den inneren Feuchtehaushalt, weist eine hohe Wärmespeicherfunktion auf und beeindruckt durch sehr gute Schallschutzwerte.
Alle verwendeten Materialien sind vollständig recyclebar.
Aussenraum
Die Aussenraumflächen auf der strassenabgewandten Seite sind voll begrünt und nehmen die notwendigen Spielgeräte auf. Entlang der östlichen Grenze ist Platz für weitere Radstellplätze. Die südliche Grundstücksfläche wird grossteils besetzt durch eine leicht erhöhte Fläche mit barrierefreiem Zugang und schafft in Verbindung mit einem schattenspendenden Baum einen klar akzentuierten Platz mit hoher Aufenthaltsqualität.